Verwandte von mir leben in Kalifornien und schwärmen bei jedem Deutschlandbesuch von den immer gleichen, warmen Temperaturen ihrer Wahlheimat. Dem kann ich persönlich so gar nichts abgewinnen. Ich liebe den Wechsel der Jahreszeiten; den klaren Frost im Winter, die Badeseehitze im Sommer, das bunte Laub im Herbst, das zarte Grün im Frühling. So eine Abwechslung ist schon in der Bibel ein Thema:
Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
Das war Gottes Versprechen nach der Sintflut. Statt die Menschen zu verfluchen, wollte er die Voraussetzungen für eine gute Ernte schaffen. Nur warm und nur Tageslicht sind dabei selten hilfreich. Auch in unserem Wochenrhythmus gibt es diesen Wechsel. Der Sonntag unterbricht die Reihe der Arbeitstage. Wenn wir arbeiten, ob ehrenamtlich oder gegen Bezahlung, brauchen wir Phasen der Erholung. In der Wartenberger Kirche findet jeden Montag um 12 Uhr eine kurze Andacht statt. Die Mitarbeiter, die gerade im Haus sind treffen sich dort und auch andere Besucher kommen dazu. Abwechselnd fühlt sich jemand für die Gestaltung verantwortlich, meistens erklingt Klaviermusik. Wir unterbrechen die Arbeit, um einen biblischen Gedanken zu verfolgen, um zu singen, ein Gebet zu sprechen. Solche Momente verändern den Blick auf den Alltag. Das, was wir gerade tun, steht in einem anderen, größeren Sinnzusammenhang. Solche kleinen Auszeiten sind wie ein Miniurlaub im Arbeitsalltag. Vom großen Bruder Jahresurlaub kennen wir diese Art von Perspektivwechsel: wenn wir mit Abstand auf die Dinge des Alltags schauen, fallen uns Sachen auf, die wir sonst nicht sehen. Im Urlaub kommen uns oft Ideen, die wir dann nach der Rückkehr umsetzen. Einige melden sich dann zum Sport an, andere treten mit alten Freunden in Kontakt oder stellen die Möbel um. Wir ändern etwas, weil wir etwas anders gesehen haben, es anders wahrgenommen haben. Darum sind Perspektivwechsel wichtig. Für den kleinen, alltäglichen Perspektivwechsel müssen wir nicht in fremde Länder fahren. Es reicht, den Kopf zur Seite zu drehen und festzustellen, was es neben uns noch gibt. Schon das bringt erfrischende Abwechslung in unser Leben.
Denn: „Der Kopf ist rund, damit die Gedanken ihre Richtung ändern können.“ (Francis Picabia)
Bettina Cordts